Rahmenmodell für die Gestaltung digitaler mobiler Lernumgebungen
Mit Apps wie Actionbound lassen sich sehr unterschiedliche digitale Lernumgebungen für Tablets oder Smartphones realisieren. Unser didaktisches Rahmenmodell strukturiert diese Vielfalt entlang von zwei Gestaltungs-Dimensionen und einer Scaffolding-Dimension. Die drei Dimensionen spannen einen dreidimensionalen Raum beziehungsweise Würfel der Gestaltungsmöglichkeiten auf:
- Dimension A: Aktionsraum in unterschiedlicher Größe
- Dimension G: Gamification in unterschiedlicher Intensität
- Dimension S: Scaffolding durch unterschiedlich vorstrukturierte Gestaltungs-Hilfen
Aus den beiden Gestaltungsdimensionen A und G ergibt sich zunächst eine 3×3-Matrix mit neun verschiedenen Bound-Typen. Sie lassen sich jeweils didaktischen Werkzeugen und Prototypen zuordnen – wobei es natürlich Übergänge gibt. Die Scaffolding-Dimension verdeutlicht, dass diese Werkzeuge unterschiedlich stark vorstrukturiert sein können.
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Dimension A: Aktionsraum beim digitalen mobilen Lernen in unterschiedlicher Größe
Die drei Dimensionen werden nach jeweils drei Ausprägungsstufen weiter untergliedert. Von Stufe 1 bis 3 nimmt der Aktionsraum (räumliche Entfernung) zu:
- Stufe A1: „Indoor-Bounds“ im Klassenraum. Actionbound wird als digitales Lernmedium im Klassenzimmer verwendet und kann die interaktiven Aufgabenformate in einem story-basierten Lernsetting entfalten, z. B. als digitale Lernaufgabe, Escape-Game oder virtuelle Exkursion auf dem Tablet. Vorteile sind die universelle Einsetzbarkeit sowie die ortsunabhängige Themenwahl. Zeitbedarf für die Durchführung: 1-2 Unterrichtsstunden.
- Stufe A2: Lokale Bounds mit begrenztem Aktionsraum. Viele Themen mit Bezügen zu den SDGs lassen sich im Nahraum erschließen, z. B. im Schulgebäude, auf dem Schulhof, im Schulgarten, in einem Museum, Naturschutzzentrum oder in der angrenzenden Umgebung. Vorteile sind die einfache Erreichbarkeit und die flexible Einsetzbarkeit. Zeitbedarf: 1-2 Unterrichtsstunden.
- Stufe A3: Bounds in einem größeren Aktionsraum. Die Potentiale beim mobilen Lernen mit Ortsbezug werden voll genutzt. Die Lernenden bewegen sich in einem größeren Aktionsraum von Standort zu Standort, z. B. bei einem digitalen Lernpfad in der Natur oder einer Escape-Game-Rallye in der Stadt. Auf dieser Stufe sind die bislang im Projekt „ExpeditioN Stadt“ organisierten Bounds angesiedelt. Hier sind die inhaltlichen und exkursionsdidaktischen Potentiale am größten und der Zeitbedarf ist im Vergleich zu A1 und A2 höher.
Dimension G: Gamification in zunehmender Intensität
- Stufe G1: Digitale Lernpfade. Wenige Gamification-Elemente (z. B. Punkte, Wettbewerb, begleitende Figuren). Es überwiegt die Orientierung an den Inhalten eines Lernpfads bzw. einer Themen-Rallye. Entspricht den bisher entwickelten Bounds in „ExpeditioN Stadt“.
- Stufe G2: Story-Bounds. Verschiedene Storytelling-Elemente werden genutzt und die Aufgaben sind in eine Rahmengeschichte eingebettet, z. B. mit einem zu erledigenden Auftrag, mit Entscheidungs-Szenarien, die zu verschiedenen Story-Pfaden führen. Durch die Aufgaben werden Lerninhalte vermittelt, das Spiel-/Storyerlebnis bleibt dabei aber meist im Vordergrund.
- Stufe G3: Spielbasierte Bounds (z. B. Escape Games). Vielfältige Aufgaben rund um ein BNE-Thema sind in eine spannende Story eingebettet, bei der z. B. ein Fall im Team bearbeitet werden muss. Das Spielerlebnis dominiert, es gibt viele Rätsel und Entscheidungssituationen, die gelöst werden müssen. Die Herausforderung für die Entwickler*innen ist, dass die Lerninhalte nicht verloren gehen.
Dimension S: Scaffolding durch unterschiedlich vorstrukturierte Gestaltungs-Hilfen
- Stufe S1: Fertig entwickelte Bound-Prototypen (direkt spielbar). Prototypen zeigen idealtypisch die Potentiale der einzelnen Bound-Varianten auf (z. B. Story-Bound als „Fix-und-Fertig-Spielpaket“ mit Anleitung) und können direkt gespielt werden. In Fortbildungen kann man mit ihnen die Boundgestaltung am fertigen Modell erkennen und erlernen, z. B. durch die Umsetzung kleinerer Modifikationen und Anpassungen (Relokalisierungen) im Bound-Creator.
- Stufe S2: Kopierbare Bound-Bausteine. Aufgabentypen und Leitlinien sind an Musterbeispielen so umgesetzt, dass Bausteine als Vorlagen für eigene Bounds entstehen und einen vereinfachten Einstieg ermöglichen.
- Stufe S3: Didaktische Gestaltungswerkzeuge (Leitlinien, Hilfen, Aufgabentypen, …). Diese frei kombinierbaren Werkzeuge unterstützen erfahrene Praktiker*innen bei der individuellen und selbständigen Gestaltung von Lernumgebungen. Die Gestaltungswerkzeuge sind in einer didaktischen Konzeption systematisiert und publiziert.
Didaktisches Handbuch
Unser Didaktisches Handbuch zeigt auf, wie digitale Themen-Rallyes als mobile Lernangebote an außerschulischen Lernorten in Stadt und Natur mit der App Actionbound auf einfache Weise gestaltet und mit Lerngruppen genutzt werden können. Dazu werden Konzepte und didaktische Werkzeuge einer digital unterstützten Exkursionsdidaktik vorgestellt und an konkreten Praxisbeispielen verdeutlicht. Es wird gezeigt, wie Storytelling- und Gamification-Konzepte genutzt werden können, um einen Lernort auf motivierende Weise mit einer interaktiven Themenrallye zu erschließen. Eine eigens entwickelte didaktische Aufgabentypologie hilft bei der Gestaltung kreativer Aufgabenformate entlang der BNE-Kompetenzbereiche „Erkennen“, „Bewerten“ und „Handeln“.
Städte sind besondere Lernorte, da sie „Hot Spots“ für Nachhaltigkeitsthemen sind. Zugleich sind sie ein zentraler Schauplatz für die kreative Entwicklung von Lösungsansätzen. Sie eignen sich damit hervorragend als ein Lernort für die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Ähnliches gilt für viele Naturräume, insbesondere wenn diese als Schutzgebiet klassifiziert und entsprechend gut untersucht wurden – auch mit Blick auf BNE-Themen. In beiden Fällen ermöglicht die selbstständige Erkundung der Lernorte über digitale Themen-Rallyes eine spannende und motivierende Form eines Lernens vor Ort.
Die Autoren arbeiten in den Fächern Geographie oder Biologie an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Sie haben vielfältige Erfahrungen in der Erstellung von didaktischen Materialien und in der fachdidaktischen Forschung.
Bestellung im Buchhandel
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Das Handbuch umfasst 134 Seiten und ist im Schneider Verlag Hohengehren erschienen.
ISBN 978-3-98649-046-1 24,00 €
Zitierhinweis:
Hiller, J., Lude, A. & Schuler, S. (2023):
ExpeditioN Stadt + Natur. Didaktisches Handbuch für mobiles außerschulisches Lernen in Stadt und Natur
mit Umsetzungsbeispielen für digitale Themen-Rallyes und Lehrpfade. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren.
Archiv
Das alte Handbuch von 2019, das sich auf das Themenfeld “Stadt” beschränkte und weniger didaktische Szenarien umfasste, finden Sie im Archiv.
Aufgabentypologie
Ein wesentlicher Unterschied zwischen analogen und digitalen Stadt-Rallyes beziehungsweise Lehrpfaden liegt darin, dass interaktive Aufgabenformate in der digitalen Welt sehr viel einfacher bereitgestellt und umgesetzt werden können. Ebenfalls sind eine Kontrolle auf Richtigkeit und eine Rückmeldung an die Spieler*innen ohne weiteren Personaleinsatz sofort möglich.
Hier möchten wir Ihnen einen Einblick in unsere didaktische Aufgabentypologie geben, die zu jedem der drei BNE-Kompetenzbereiche „Erkennen“, „Bewerten“ und „Handeln“ jeweils verschiedene didaktische Aufgabentypen vorschlägt, die mit den in Actionbound technisch vorgegebenen Bound-Elementen des Bound-Creators (z. B. Quiz, Aufgabe, Umfrage etc.) umgesetzt werden können.
In unserem Didaktischen Handbuch werden insgesamt 18 Aufgabentypen im Sinne eines modular aufgebauten Baukastens vorgestellt, der die Gestaltung eigener Bounds anregen soll und mit konkreten Aufgabenbeispielen aus unseren Bounds zur nachhaltigen Stadtentwicklung in Heilbronn und Ludwigsburg illustriert ist. Selbstverständlich sind viele weitere Aufgabentypen und -varianten denkbar.
Didaktisches Drehbuch
Bei der Gestaltung einer digitalen Themen-Rallye sollte zu Beginn ein „didaktisches Drehbuch“ geschrieben werden, in dem Ziele, Rahmenbedingungen und Umsetzungsstruktur geklärt werden. Didaktische Drehbücher können als Werkzeuge aufgefasst werden, mit denen man entlang von Leitfragen zum eigenen digitalen Bound kommen kann (vgl. Lude et al. 2013, www.qualimobil.de). Die drei übergeordneten Bereiche „Ziele und Zielgruppe“, „Umsetzungsstruktur“ sowie „Rahmenbedingungen“ beeinflussen sich wechselseitig. Schrittweise entsteht daraus mit Leit- und Reflexionsfragen ein Konzept für den Bound.
Ziele und Zielgruppe:
- Für wen ist der Bound? (Alter, Interessen, Vorkenntnisse etc.)
- Welche Ziele verfolgt der Bound? (Lernziele, Kompetenzen aus Bildungs- und Lehrplänen etc.)
Umsetzungsstruktur:
- Methoden und Medien des Bounds?
- Sozialformen der Teilnehmer*innen?
- Roter Faden im Bound?
- Nachbereitung des Bounds?
Rahmenbedingungen:
- Ort und Zeit des Bounds?
- Personalbedarf für den Bound?
- Geräte und Materialien?
- Können öffentliche WLAN-Netze genutzt werden?
- Kann der Bound zuhause oder in der Schule vorgeladen werden?
- Wirtschaftlichkeit des Bounds?
In unserem Didaktischen Handbuch erhalten Sie weitere Einblicke in die Planung eines Bounds mithilfe des Werkzeugs „didaktisches Drehbuch“.